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Verwalterwechsel, wer schuldet die Jahresabrechnung und den Vermögensbericht?

Alter oder neuer Verwalter, wer muss vorlegen?

LG Frankfurt vom 06.01.2025, 2- 13 S 109/24

BGH vom 16.12.2018, Az V ZR 89 /17


Merksatz!

Der Verwalter, der zum 31.12. eines Jahres aus dem Amt ausscheidet, schuldet weder die Jahresabrechnung, noch den Vermögensbericht!


In Kürze

Es ist durch den BGH noch nicht entschieden, wer die Jahresabrechnung (und den Vermögensbericht) erstellen muss, wenn der Verwalter zum 31,12 eines Jahres ausscheidet.

Das LG Frankfurt hat sich dazu geäußert.

Die Vorlage wird von dem Verwalter geschuldet, der das Amt nach Ablauf des Kalenderjahres inne hat und verweist auf die herrschende Meinung in der Literatur, die den neuen Verwalter in der Pflicht sieht.


📄 Gegenstand des Rechtsstreits: Vermögensbericht nach unterjährigem Verwalterwechsel

In einem aktuellen Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO hat das Landgericht Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.01.2025 – 13 S 109/24) zur Frage Stellung genommen, wer zur Erstellung des Vermögensberichts nach § 28 Abs. 4 WEG verpflichtet ist, wenn das Verwalteramt im Laufe des Kalenderjahres endet. Dabei hat es den Vergleich zur Jahresabrechnung gezogen und die noch offene Frage des Verwalterwechsels zum 31.12. eines Jahres einbezogen.

🎯 Der Fall:

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte von ihrer ehemaligen Verwalterin – deren Amt am 12.12.2022 endete – die Erstellung des Vermögensberichts für das Jahr 2022. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der Gemeinschaft war nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg. 

⚖️ Vergleich zur Jahresabrechnung nach BGH-Rechtsprechung:

Die Frage, wer bei einem unterjährigen Verwalterwechsel die Jahresabrechnung zu erstellen hat, hatte der BGH bereits in seinem Urteil vom 16.03.2018 (Az. V ZR 79/17) zu entscheiden. Bis zu diesem Zeitpunkt war herrschende Meinung, dass es auf die Fälligkeit der Abrechnung ankommt. Diese wird erst zwischen März und Juni fällig. Damit war bei einem Verwalterwechsel zum 31.12. stets der neue Verwalter für die Fertigung und Vorlage der Jahresabrechnung zuständig.

Der BGH entschied sich dagegen und urteilte, dass der maßgebliche Zeitpunkt derjenige der Entstehung der Abrechnungspflicht ist – nicht derjenige der Fälligkeit!

Ausdrücklich offen lassen konnte der BGH die Frage, wann genau die Abrechnungspflicht entsteht, genauer ob sie am letzten Tag des Wirtschaftsjahres oder am ersten Tag des folgenden Wirtschaftsjahres entsteht. Dies ist entscheidend, wenn der das Ende der Tätigkeit, wie häufig, auf den 31.12. fällt.

🔍 Was sagt das Landgericht Frankfurt zum Vermögensbericht?

An diese BGH-Entscheidung lehnt der Beschluss des LG Frankfurt an und zeigt die parallele Interessenlage zwischen Jahresabrechnung und Vermögensbericht auf. Das Gericht macht deutlich:

  • auch der Vermögensbericht ist erst nach Ablauf des Kalenderjahres geschuldet (§ 28 IV WEG)
  • Schuldnerin ist nach dem WEMoG die GdWE; gegenüber dem Verwalter kann der Anspruch daher nicht vor diesem Zeitpunkt entstehen
  • Der Vermögensbericht ist die Aufstellung über das vorhandene Vermögen; häufig ist die Jahresabrechnung Grundlage des Vermögensberichts, da sich Rückstände der Eigentümer und Forderungen gegen Dritte erst auf der Grundlage der Abrechnung ermitteln lassen.
  • Es gibt auch keinen Anspruch auf einen anteiligen Vermögensbericht aus der allgemeinen Rechnungslegungspflicht des Verwalters nach §§ 259, 666, 675 BGB. Diese ist unabhängig vom Zeitpunkt des Endes der Tätigkeit zu erfüllen, unterscheidet sich jedoch vom Zweck und Inhalt eines Vermögensberichts
  • prozessual: Eine Umdeutung der Klage in eine Teilrechnungslegung kommt laut Gericht nicht in Betracht – es handelt sich um unterschiedliche Streitgegenstände.

Ergebnis

Kein Anspruch auf Rumpfvermögensberichts gegen den unterjährig ausgeschiedenen Verwalter!


Weitergehende Ausführungen zum Verwalterwechsel zum 31.12

Die Lösung der Frage, wann den Anspruch auf die Erstellung von Jahresabrechnung und Vermögensbericht entsteht, sieht das Landgericht Frankfurt -unter Verweis auf die herrschende Meinung in der Literatur- so:

  • § 28 Abs. 2 und Abs. 4 WEG: beide sind erst nach Ablauf des Kalenderjahres zur erstellen
  • für beide Rechenwerke ist der Verwalter nur als Organ der Gemeinschaft zuständig
  • die Organstellung endet am 31.12. eines Jahres

Es ist daher entscheidend, wer zum Zeitpunkt des Beginns des neuen Jahres – also am 1. Januar – Verwalter ist, derjenige ist sowohl für die Jahresabrechnung als auch für den Vermögensbericht zuständig. 

Wie wird die herrschende Meinung begründet?

Es wird unterschieden zwischen der Organstellung des Verwalters und seiner vertraglichen Verpflichtung.

Nach dem WEMoG liegt die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung und des Vermögensberichts bei der GdWE. Für die GdWE handelt der jeweilige Verwalter als deren Organ. Nach dem Ausscheiden des Verwalters hat er diese Pflichten nicht mehr. Sie obliegen dem neuen Verwalter im Rahmen der Organzuständigkeit.

ABER

Vertraglich kann der Altverwalter zur Fertigung und Vorlage von Abrechnung und Vermögensbericht noch verpflichtet sein!

  1. ausdrückliche vertragliche Vereinbarung oder
  2. Auslegung des Verwaltervertrags

Besteht keine ausdrückliche Vereinbarung, gilt im Zweifel, dass derjenige, der zu, Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht das zuständige Organ war, die Erbringung schuldet.

Ob die Abrechnungspflicht am 31.12. um 23.59.59 Uhr entsteht oder erst am 1.1. um 0.00 Uhr, ist streitig.

Dafür, dass sie erst am 1.1. entsteht und damit bei dem neuen Verwalter, sprechen praktische Gründe und Gerechtigkeitserwägungen:

  • die Unterlagen befinden sich bereits bei dem neuen Verwalter
  • die Vergütung ab 1.1. wird unter Einbeziehung des Aufwands für die Jahresabrechnung berechnet
  • es würde sich um einen „Fremdkörper“ handeln, wenn der alte Verwalter nach seinem Amtsende noch über Monate hinweg nachvertragliche Pflichten zu erfüllen hätte
  • es ist zudem kein Nachteil für die GdWE, wenn der ausgeschiedene Verwalter Rechnung legt und der neue Verwalter die Abrechnung auf der Basis dieser Zahlen erstellt. Zwar muss der neue Verwalter nicht dafür einstehen, dass alle Einnahmen und Ausgaben richtig und vollständig sind (BGH NJW 2016, 3536; Rz.26). Allerdings kann die GdWE von dem ausgeschiedenen Verwalter die Erklärung verlangen kann, das er alles vollständig und richtig erfasst hat. (keine Schutzlücke)

💡 Bedeutung für die Praxis:

Der Hinweisbeschluss bringt mehr Klarheit bei der Zuordnung von Verwalterpflichten rund um den Jahreswechsel:

  1. bei Verwalterwechsel bis spätestens zum 31.12. eines Jahres ist der neue Verwalter zuständig – maßgeblich ist, wer am 1. Januar im Amt ist.
  2. eine Pflicht zur Erstellung eines Vermögensberichts für ein nicht abgeschlossenes Kalenderjahr besteht nicht.
  3. die GdWE kann von dem ausgeschiedenen Verwalter nur die Rechnungslegung verlangen, die der neue Verwalter sodann der Abrechnung zugrunde legt.

Davon darf der Verwalter durch eine vertragliche Regelung abweichen. Es kann vereinbart werden, dass eine Jahresabrechnung und der Vermögensbericht nur für solche Kalenderjahre geschuldet werden, in denen dem Verwalter die Verwaltung oblag. Damit ist er nur auf der Basis seiner eigenen Buchhaltung zur Abrechnung verpflichtet.